Organisatorische Herausforderungen
für Unternehmen und Organisationen
In einer sich dynamisch verändernden globalen Wirtschaft müssen Unternehmen und Organisationen agil und vorausschauend auf sich ständig ändernde Rahmenbedingungen reagieren. Dies nennt sich antizipative Organisationsentwicklung. Im Gegensatz zu traditionellen, linearen Organisationsstrukturen des 20. Jahrhunderts, die lokal verankert und analog erlebbar waren, erfordert das 21. Jahrhundert eine globale, wertebasierte und digitalisierte Herangehensweise.
Die Organisationsentwicklung in der Moderne
Narrativ des 20. Jahrhunderts:
In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die ganze Branche eines Landes durch billige Massenprodukte aus anderen Weltregionen von der Insolvenz bedroht. Ein Visionär erkannte, dass die Lösung einerseits in der Automatisierung von Routinetätigkeiten in der Produktion und in der Administration und andererseits in der Optimierung von Vertriebs- und Marketingaktivitäten mit der Segmentierung nach Märkten, Produkten und Vertriebskanälen liegt. Durch die drohende Insolvenz der gesamten Branche konnte ein radikaler Wandel der Unternehmensorganisation umgesetzt werden. Die Änderung der Organisation bestand einerseits in der Zentralisierung und andererseits in der Lokalisierung von Organisationseinheiten und eine entsprechende Abbildung über eine Matrix-Organisation auf allen Ebenen. Bei der Automatisierung in der Produktion wurden Gleichteile organisatorisch zusammengefasst, teilweise in eigene Tochterunternehmen ausgelagert und durch Skaleneffekte Kostenvorteile gegenüber dem Mitbewerb erzielt. Administrative Tätigkeit wurden durch Zentralisierung personalkostenoptimierend zusammengefasst und anschließend entsprechend einer Management-Fee sozialisiert. Die Vertriebs- und Marketingaktivitäten wurden entsprechend eines wertebasierten Ansatzes auf einzelne Marken aufgeteilt und anschließend die Vertriebskanäle, -regionen, -budgets definiert.
Dieses Unternehmen war die Erfolgsgeschichte der letzten 20 Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dieses Unternehmen konnte durch eine umfassende, von einer starken Vision getriebenen Organisationsentwicklung den Untergang einer ganzen Branche eines Landes aufhalten.
Mittlerweile wird das Unternehmen von großen Banken – wie Morgan Stanley – für seine Rolle als passiver Markt-Teilnehmer kritisiert. Das Unternehmen weist ein Eigenkapital von 12 Mrd Franken aber nur einen Börsenwert von 8,8 Milliarden Franken auf. Zu dem Eigenkapital kommt noch ein Warenlager von 7,7 Mrd Franken und ein enormer Immobilienbesitz dazu.
Narrativ des 21. Jahrhunderts:
In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erkannte ein Visionär das Potential des Online-Versandhandels und der sich daraus ergebenden globalen Vertriebsmöglichkeiten, wenn das Unternehmen die Routineprozesse in der Produktion automatisiert und die Vertriebsaktivitäten digitalisiert. Die Organisation wurde auf diese Vision und den Vertrieb und die Produktion ausgerichtet. Durch die globalen Digitalisierungsentwicklungen und dem Aufkommen von neuen Markt-Teilnehmern war klar, dass sich das Unternehmen nicht auf den Online-Vertrieb alleine zur Umsetzung seiner Strategie konzentrieren kann, sondern laufend in neue Geschäftsfelder investieren muß. Ausgestattet mit dieser globalen Digitalisierungsstrategie und immer unter Berücksichtigung der für das Unternehmen positiven und negativen Rahmenbedingungen wurden laufend neue zur Strategie passenden Geschäftsfelder aufgenommen und die Organisation entsprechend ausgerichtet und weiterentwickelt. Das Unternehmen erkannte, dass Organisationsentwicklung antizipativ wirken muß.
Mittlerweile ist das Unternehmen 2 Billionen Dollar wert. Heute werden nach wie vor 70% des Umsatzes mit dem Geschäft des Gründungsjahres, aber bereits 13% mit Cloud Leistungen, 7% mit Abo-Leistungen und weitere 10% durch Leistungen, welche erst im 21 Jahrhundert geschaffen wurden erzielt.
Vertriebsaktivitäten aus. Durch die globale Digitalisierung und das Aufkommen neuer Marktteilnehmer musste das Unternehmen ständig in neue Geschäftsfelder investieren. Heute erzielt das Unternehmen 70% des Umsatzes mit dem ursprünglichen Geschäft, 13% mit Cloud-Diensten, 7% mit Abonnements und 10% mit neuen Dienstleistungen des 21. Jahrhunderts. Diese antizipative Organisationsentwicklung war entscheidend für den Erfolg.
Vision, Strategie und Organisationsentwicklung
Neue strategische Geschäftsfelder können sich nur dann entwickeln, wenn frühzeitig die organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Diese Vorgehensweise verhindert, dass konservative Kräfte in der Organisation neue Geschäftsfelder ersticken und ermöglicht eine proaktive Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen.
Wenn Unternehmen ohne eine Krise in einem globalen exponentiellen Wettbewerb überleben wollen, müssen sie ihre Organisation laufend anpassen. Diese Anpassungen betreffen alle Ebenen der Organisation und erfordern eine klare, wahrnehmbare Vision und eine gelebte Strategie.
Diskussion
Wie sind eure/Ihre Erfahrungen mit antizipativer Organisationsentwicklung? Welche Herausforderungen und Erfolge habt ihr dabei erlebt? Lasst uns darüber diskutieren!
– Gernot Paesold